Die ausgestellten Bilder gehören zu zwei aufeinanderfolgenden Werkgruppen, die ab 2002 entstanden sind.
Den „Schnitt-Blumen“ liegt eine Vorzeichnung auf Papier zugrunde, kleiner als das spätere Bild.
Diese Skizze wird in großen Schwüngen zerschnitten. Dann werden die einzelnen Teile so auf die Leinwand übertragen,
dass die Zwischenräume als unterschiedlich breiten Bahnen erscheinen. Diese Bahnen werden monochrom
weiß oder schwarz gemalt. Strenge, abgegrenzte Formen und lockere Pinselstriche verbinden sich,
sind aber eindeutig zu identifizieren. Dadurch entsteht eine Dynamik unabhängig vom dargestellten Gegenstand.
Trotz der Schnitte ist das Motiv als Ganzes zu erkennen.
Bei den Bildern der zweiten Werkgruppe wird das fotografisch festgehaltene Motiv - ein blühender Goldregenbusch
in vollem Sonnenlicht - in Malerei übertragen. Die Blütenblätter folgen in ihrer Form der realen Vorgabe und doch
sind sie primär Träger von Farbe und Licht. Die Blütendolden werden aus ihrem atmosphärischen Zusammenhang
gelöst und mit monochromen Farbflächen verknüpft. Die schwarzen oder weißen Kreise, die das Blütenmotiv unterbrechen,
beziehen sich auf Sternzeichen und lassen an Nacht und die Abwesenheit von Licht und Farbe denken.
Dieses Experimentieren mit Gegensätzen und Kontrasten auf allen Bildebenen ist in der Arbeit vom Beginn
in den 1970er Jahren an von Bedeutung. Die Malerei als der intellektuelle und sinnliche Ort, an dem Intention und Zufall,
Sichtbares und Imaginiertes, romantische Ironie und Wissenschaftliches zusammenkommen und ein Bild werden.
Bernd Finkeidei 2004